Peder Balke
(Hedemarken, Norwegen 1804 - 1887 Oslo)
Nordlichter bei Vardø, 1870er Jahre
Öl auf Holz, 30 x 40 cm
Provenienz:
Carl Balke (*1845), Geschenk des Vaters, Peder Balke;
Marie Schioldborg, Tochter von Carl;
Frue Lund, Tochter von Marie;
In Erbfolge an den Sohn
Ausstellung:
Peder Balke 1804-1887, Oslo, Kunstnernes Hus, 1954, Kat. Nr. 102
Das Nordlicht, wissenschaftlich als Aurora Borealis bezeichnet, zieht die Menschheit seit der Antike in seinen Bann. In vielen Kulturen als ein göttliches Zeichen verstanden, war es von Sagen und Legenden umrankt. Von feurigem oder blutendem Himmel war die Rede, als Vorbote von Krieg, Leid, Hunger und Krankheit. Mit der Aufklärung wurde das Nordlicht als naturwissenschaftliches Phänomen verstanden, aber erst seit circa 1900 sind die physikalischen Grundlagen erforscht.1
Die eindrucksvollsten Landschaften Peder Balkes inspirieren sich an der ungezähmten Erhabenheit der Natur Nordnorwegens, die der Maler erstmalig von Frühjahr bis Herbst 1832 auf einer Reise durch die Finnmark erkundete. Er reiste von Trondheim an das Nordkap und von dort ostwärts nach Vardø und Vadsø.2 Im Rückblick schrieb er: ...ein Eindruck, der sich nicht nur im Rausch des Augenblicks meiner bemächtigte, sondern sogar auf mein ganzes zukünftiges Leben einen entscheidenden Einfluss hatte...denn in diesen nördlichen Gegenden sind es die Naturschönheiten, die die Hauptrolle spielen, während die lebendigen Kinder der Natur, die Menschen, ihnen gegenüber nur eine untergeordnete Stellung einnehmen.3 Dieses Naturverständnis war für Balkes weitere Entwicklung von zentraler Bedeutung und prägt seine künstlerische Arbeit. Balke ist nicht an einer möglichst naturgetreuen Darstellung der nordischen Landschaft gelegen, sondern an prägnanten Motiven, die in dramatischer Überhöhung jene unbezwingbare Natur darstellen, die das Leben ihrer Bewohner prägt. Durch seine Darstellungen war Balke an der Schaffung einer Ikonologie des Nordens beteiligt, die das ganze 19. Jahrhundert Gültigkeit behielt. Sie wurde auch von jenen aufgegriffen, die um 1900 endlich die nationale Unabhängigkeit Norwegens durchsetzen konnten (Abb. 1).4
Durch die Konzentration auf einige wenige prägnante Motive und deren Umsetzung mittels einer Technik jenseits der akademischen Tradition schuf Balke Ikonen der nordischen Landschaft, die ihn besonders für heutige Augen als einen Pionier der Moderne erscheinen lassen.5
In der hier vorgestellten Grisaille verwendet der Maler eine weiße Grundierung und trägt dann in unterschiedlicher Verdünnung und Technik Schwarz auf. Für den Hell- Dunkelverlauf am Himmel wird die schwarze Farbe mit einem Lappen oder Schwamm gestupft. Für die Darstellung des Nordlichtes wird anschließend die noch feuchte Farbe mit einem Spachtel abgezogen – eine Technik, die auch aus der abstrakten Malerei bekannt ist. Für die Spiegelung auf dem Wasser verwendet der Künstler eine ähnliche Technik, manchmal sogar seine Finger. Den Bildraum definiert er über die Berge im Hintergrund und das bemannte Ruderboot im Vordergrund.
In den letzten Jahren ist Balkes Werk international auf großes Interesse gestoßen. Erst 2001 wurden Ölskizzen Balkes zu Aufträgen des französischen Königs Louis-Philippe im Pariser Musée du Louvre wieder entdeckt.6 Der Maler wurde mit Publikationen, Kolloquien, mit Ankäufen internationaler Museen7 und in mehreren Einzelausstellungen gewürdigt, zunächst in Skandinavien im Northern Norway Art Museum, Tromsø, dann 2014/15 in der National Gallery, London, und 2017 im Metropolitan Museum of Art, New York.8 Die eindrucksvollste geschlossene Sammlung bewahrt das norwegische Nationalmuseum, Oslo.
1 Vgl. Wilfried Schröder, ‚Zur Geschichte der Polarlichtforschung’, in Physikalische Blätter, Bd. 35, Nr. 4, 1979, S. 160-166.
2 Vgl. Paintings by Peder Balke, Kat. Ausst. London, National Gallery, Tromsø, Northern Norway Art Museum, London 2014, S. 64.
3 Zitiert nach Peder Balke. Ein Pionier der Moderne, Kat. Ausst. Kunsthalle Krems, Kopenhagen, Ordrupgaard, 2008, S. 10.
4 2004 erschien anlässlich Balkes 200. Geburtstag eine Briefmarke mit der Ansicht des norwegischen Nationalberges Stetind (Abb. 1).
5 Siehe Marit Ingeborg Lange in Un peintre norvégien au Louvre, op. cit., S. 51f und Peder Balke. Ein Pionier der Moderne, op. cit., S. 28-45.
6 Per Kvaerne and M. Malmanger (eds.), Un peintre norvégien au Louvre. Peder Balke (1804-1887) et son temps, Oslo, Instituttet for sammenlignende kulturforskning, 2006.
7 New York, Metropolitan Museum of Art; London, National Gallery; Rotterdam, Museum Boijmans van Beuningen.
8 Peder Balke: Painter of Northern Light, 10. April - 9. Juli 2017, New York, Metropolitan Museum of Art: http://www.metmuseum.org/exhibitions/listings/2017/peder-balke (18.12.2018).