Peder Balke
(Hedemarken 1804 - 1887 Kristiania)
Das Trolltindene Massiv, Norwegen, 1845
Öl auf Leinwand, 33 x 41 cm
Signiert und datiert unten links Balke 1845
Rückseitiges Etikett der Ausstellung 1954 im Kunstnernes Hus, Oslo
Gedrucktes Etikett A.I.Boger Christiania: handschriftlich Søstykke af / Balke.
Provenienz:
Gustaf Rabo, Lier (schon 1954, noch 1978);
Privatsammlung, Oslo.
Literatur:
Per Kværne und Magne Malmanger, Un peintre norvégien au Louvre. Peder Balke (1804-1887) et son temps, Oslo 2006, S. 41, Nr. 25.
Ausstellung:
Peder Balke 1804-1887, Kunstnernes Hus, Oslo, 4. - 22. November 1954, Nr 140 (Sailboat on the Fjord. Seilbåt på fjorden).
Expertise:
Marit Ingeborg Lange, 12. April 2016.
Der Norweger Peder Balke ist unter den Malern des frühen 19. Jahrhunderts eine singuläre Figur. Im Rückblick wirkt sein Werk modern. Die Kunstgeschichte vergleicht seine Malerei mit jener Caspar David Friedrichs und William Turners.1 Auch heutige Künstler ziehen Inspiration aus seinem Werk.2
Balkes Landschaftsgemälde sind von der rauen Natur Nordnorwegens geprägt, die der Künstler erstmals im Herbst 1832 auf einer Reise in die Finnmark erlebte.3 Diese Eindrücke waren für seine weitere Entwicklung von zentraler Bedeutung und kehren in seinen späteren Arbeiten ständig wieder. Balke strebt nicht nach exakter Wiedergabe der Topographische, sondern war mehr um eine dramatische Überhöhung der Landschaften Norwegens bemüht. Sicherlich spiegelt dies auch Balkes nationale Ambitionen. Er wollte mit seiner Malerei die nationale Identität Norwegens auf dem Weg in die Souveränität prägen.
In den 1840er Jahren erreichte Balkes Malerei, von seinen Zeitgenossen weitgehend unbeachtet, einen ersten Höhepunkt. 1844 sah er sich aus einem Mangel an Aufträgen gezwungen, Norwegen zu verlassen und sein Glück in Paris zu suchen. Die Reise führte über Kopenhagen, Kiel, Altona, Köln und Brüssel nach Paris, wo er im Spätsommer 1845 ankam.4 Wie lange Balke und seine Familie sich an den einzelnen Reisestationen aufgehalten haben, ist nicht bekannt. Unser Gemälde, 1845 datiert, ist wohl in Deutschland entstanden, worauf Marit Frau Lange in ihrer Expertise hinweist.
Das Gemälde reiht sich in eine Gruppe 1845 entstandener Seestücke ein. So erinnert der dargestellte Berg an das Gebirgsmassiv Trolltindene, das Balke etwa gleichzeitig in einem weiteren Gemälde (Abb. 1) behandelt hatte.5 Seit Anfang der 1840er Jahre bevorzugte Balke eine monochrome Farbpalette, die an niederländische Grisaillemalereien des 17. Jahrhunderts erinnert. In unserem Bild herrschen Blau und Grau vor, allein das Segelschiff setzt sich ab. Die Schaumkronen in pastosem Weiß akzentuieren das Spiel der Wogen, aus dem Dunst erhebt sich surreal das mächtige Bergmassiv.
Ausgehend von der niederländischen Marinemalerei des 17. Jahrhunderts und den bekannten Darstellungen der Romantik, entwickelte Balke eigene Landschafts-visionen.6 Das Motiv des Schiffs, das gegen das stürmische Meer ankämpft, wird radikal vereinfacht und erhält eine metaphorische Dimension: ungewiss ist, ob wir, die wir alle auf dem Meer des Lebens segeln, ankommen oder stranden.
1 Wichtige Einzelausstellungen sind:
Peder Balke 1804-1887, Kat. Ausst., Oslo, Kunstnernes Hus, 1954;
Peder Balke. Ein Pionier der Moderne, Kunsthalle Krems, September 2008 - Februar 2009, Ordrupgaard, Kopenhagen, März - Juli 2009;
Peder Balke. Vision and Revolution, Nordnorsk Kunstmuseum, Tromsø, Juni - Oktober 2014; The National Gallery, London, November 2014 - April 2015.
2 Per Kirkeby, Peder Balke, Trick, Depth and Game, Hellerup 1996.
3 Der Bezirk Finnmark liegt im äußersten Nordosten des Landes und teilt hier die einzige direkte Grenze Norwegens mit Russland. Balke reiste von Trondheim zum Nordkap und weiter ostwärts nach Vardø und Vadsø. Reiseroute vgl. Paintings by Peder Balke, Kat. Ausst. London, National Gallery, Tromsø, Northern Norway Art Museum, London 2014, S. 64.
4 In Paris gelang es ihm, eine Audienz bei König Louis-Philippe zu bekommen, der als junger Mann in den Jahren nach der Revolution den Norden Norwegens bereist hatte. Balke legte dem König eine Auswahl von Ölskizzen mit Motiven aus Nordnorwegen vor, aus der dieser einige auswählte, die ihm der Maler in großem Format als Gemälde ausarbeiten sollte. 26 dieser Ölskizzen haben sich erhalten und sind heute im Museé du Louvre ausgestellt. Balkes künstlerische Zukunft schien gesichert, doch die Revolution 1848 setzte den Plänen des Königs ein jähes Ende, und Louis-Philippe musste abdanken. Ende 1847 sah sich Balke gezwungen, Paris zu verlassen. Zunächst ging er nach für eine kurze Zeit nach Dresden, doch im Frühjahr 1849 brach er nach London auf. Dort hatte er die Gelegenheit, William Turners Werk zu studieren, dessen Bilder ihn in der Radikalisierung seiner Maltechnik bestärkt haben dürften. Vgl. Marit Ingeborg Lange, ‚Peder Balke: Vision and Revolution’, in Paintings by Peder Balke, op. cit., S. 6-41.
5 Peder Balke. Vision and Revolution, Nordnorsk Kunstmuseum, Tromsø, Juni - Oktober 2014; The National Gallery, London, November 2014 - April 2015, nr. 6.
6 Peder Balke. Ein Pionier der Moderne, op. cit., S. 22.