Christoffer Wilhelm Eckersberg
(Blaakrog 1783 - 1853 Kopenhagen)
Studie für ‚Nackte Frau beim Anziehen ihrer Pantoffel’, Carlsberg Glyptotek, Copenhagen, 1843
Bleistift auf Papier, 16,5 x 12 cm
Rückseitig bezeichnet von anderer Hand Eckersberg 461
Provenienz:
Nachlassauktion Eckersberg, Kopenhagen 1854, Nr. 461;
Sammlung Benjamin Wolff (1790-1866), Lugt 420, Sammlungsprägestempel.
Ausstellung:
Den nøgne guldalder: Modelbilleder, C.W. Eckersberg og hans elever, Kopenhagen, Den Hirschsprungske Samling,1994, Nr. 60, Abb. S. 131.
Literature:
Katalog der Nachlassauktion von Eckersberg, Kopenhagen 1854, S. 20, Nr. 461.
Schon bald nach ihrer Ernennung 1818 reformierten die Professoren Christoph Wilhelm Eckersberg und Johan Ludvig Lund das Curriculum an der Königlich Dänischen Kunstakademie. Die Studenten sollten das Aktzeichnen nicht mehr allein an Abgüssen antiker Skulpturen üben, sondern auch an lebenden männlichen Modellen. Ab 1823 wurde sogar ein Wettbewerb für den besten Akt ausgelobt, dotiert mit einem kleinen Preisgeld. Die Schüler selbst arrangierten die Posen des Modells. Ziel war eine möglichst überzeugende perspektivische Wiedergabe bei gegebenen Lichtverhältnissen.
Während einer Abendklasse im Januar 1833, die wohl in Eckersbergs Wohnung abgehalten wurde, saß den Studenten erstmals ein nacktes weibliches Modell. Offiziell galt dies immer noch als unschicklich. In den Folgejahren sind Sitzungen mit weiblichen Modellen vor allem während der Sommermonate dokumentiert. Ab 1839 führte Eckersberg an der Akademie Sommerkurse durch, um speziell das unmittelbare Aktstudium nach der Natur bei Tageslicht zu schulen. Für die Jahre 1839 bis 1841, 1843 und 1844, und 1847 bis 1850 sind solche Kurse überliefert. Es saßen hauptsächlich weibliche Modelle. Eckersberg zeichnete und malte zusammen mit den Studenten. Er bediente sich oft eines kleinen Formates, während er die Studenten zu größeren Formaten anhielt. Durch diese Neuerungen fiel der Königlich Dänischen Kunstakademie in Kopenhagen bei der Institutionalisierung des Studiums weiblicher Aktmodelle eine europäische Vorreiterrolle zu.
Eckerbergs damalige Schüler, namentlich bekannt sind Jens Vilhelm Top, Joel Ballin, H.J. Hammer, Friederich Theodor Baasch und Carl Balsgaard, waren mit diesen Neuerungen offensichtlich zufrieden. Im Sommer 1843 baten sie die Akademiedirektion, ein Aktmodell, welches bereits im Juni Modell gesessen hatte, auch während der Sommerschule weiter zu bezahlen, sodass sie ihre Studien fortsetzen konnten. Laut Eckersbergs Tagebuch wurde dies genehmigt und so stand eine gewisse Madam Hack zwischen 25. Juli und 13. September erneut Modell, diesmal in einer anderen Pose als im Juni. In eben diesen Tagen ist dann auch die vorliegende Aktzeichnung Eckersbergs entstanden. Sie diente ihm als Studie für das bekannte Gemälde Nackte Frau beim Anziehen ihrer Pantoffel, welches sich heute in der Ny Carlsberg Glyptotek in Kopenhagen befindet (Abb. 1).
Die Zeichnung ist typisch für Eckersbergs Suche nach Wahrheit, das analytische Erfassen des Körpers, das weder einem Schönheitsideal noch einer erotischen Intention folgt1. Interessant ist hier ein Vergleich mit jenen ganz unterschiedlich konzipierten frühen Akten Ingres, etwa der Badenden von Valpinçon, 18082, die Eckersberg anlässlich seines Paris Aufenthaltes durchaus gesehen haben könnte.
Ein Akademiepreis ermöglichte dem jungen Eckersberg von 1810 bis 1816 nach Paris und Rom zu reisen. Er verbrachte zwei Jahre in Paris und fand Eingang in das Atelier eines der führenden französischen Künstler der Zeit, Jacques-Louis David. Dort lernte Eckersberg den männlichen und weiblichen Körper auf völlig neue Weise zu studieren und darzustellen. In Kopenhagen hatte er Akte bei künstlichem Licht gezeichnet und studiert. In Davids Atelier begann er, nach dem Leben zu zeichnen und zu malen und die Modelle in natürlichem Licht zu studieren. Dies ermöglichte neben einer genaueren Beobachtung einen sensibleren Umgang mit der Gradation des Lichtes und damit auch der räumlichen Darstellung.
1 Neben Eckersbergs Gemälde hat sich auch ein großformatiges Gemälde gleichen Motivs seines Schülers Balsgaard erhalten. Vgl. Den nøgne guldalder: Modelbilleder, C.W. Eckersberg og hans elever, Kopenhagen, Den Hirschsprungske Samling, 1994, S. 130, Abb. 9. Carl Balsgaard, Siddende kvindelig model, 1843, Öl auf Leinwand, 120,8 x 90,5 cm, Privatsammlung.
2 Heute im Musée du Louvre.