Martinus Rørbye

Martinus Rørbye
(Drammen 1803 – 1848 Kopenhagen)

Blick aus der Kirchenvorhalle in Vester Egede, Dänemark, um 1832

Öl auf Leinwand, 29 x 20 cm

Provenienz:
Miss J. F. Ipsen, 1905;
deren Erben
Bruun Rasmussen, Nr. 482, Kopenhagen 1986, lot 260;
Dänische Privatsammlung.

Ausstellung:
Fortegnelse over M. Rørbyes arbejder, Kunstforeningen, Kopenhagen, 1905.

Literatur:
Martinus Roerbye 1803 – 1848, Ausst. Kat., Thorvaldsen Museum, Kopenhagen 1981, S. 213, Nr. M 66.

 

 

Martinus Rørbye zählt zu den führenden Vertretern des Dänischen Goldenen Zeitalters, einer Epoche, die den Höhepunkt der dänischen Malerei markiert und zeitgleich mit der deutschen Romantik aufblüht. Die Kopenhagener Akademie und die beiden wichtigsten Zentren der romantischen Bewegung in Deutschland, die Hamburger und die Dresdner Akademie, standen in wechselseitigem Austausch. Rørbye trat 1819 in die Königlich Dänische Akademie der Schönen Künste in Kopenhagen ein und studierte bei Christian August Lorentzen (1749 - 1828). 1825 unterrichtete ihn Christoffer Wilhelm Eckersberg (1783 - 1853). Rørbye war ein unermüdlicher Reisender. Er erkundete Norwegen, unternahm ausgedehnte Touren in Deutschland, Frankreich und Italien und reiste bis nach Griechenland und in die Türkei. 1841 kehrte er schließlich nach Kopenhagen zurück.[1]

Martinus Rørbye besuchte im Juli 1832 die Familie seiner Frau Rose in Christianslund in Vester Egede.[2] Auf Reise fertigte er mehrere Landschaftsstudien an, darunter Ansichten von Gisselfeld und der Kirche von Vester Egede. Der reizvolle verschachtelte Blick reicht aus dem Kircheninneren, durch die Vorhalle ins Freie. Meisterhaft moduliert der Maler das Licht, was es nur nach intensiver Naturbeobachtung möglich ist. Das verschattete Kircheninnere, die wesentlich hellere Vorhalle, deren roter Ziegelboden warm in das gekalkte Kreuzgewölbe reflektiert - der Bettler, den das Tageslicht durch die offene Kirchenpforte streift und schließlich der Blick hinaus in die Weite dänische Landschaft an einem strahlenden Sommertag. Der schräg in den Türausschnitt ragender Handlauf einer Außentreppe und das Dach des tiefer liegenden Pfarrhauses beschäftigen das Auge, bevor der Blick sich in der Weite verliert.

Abb. 1: Blick aus dem Fenster des Künstlers, Öl auf Leinwand, 38 x 30 cm, Statens Museum, Kopenhagen, (Inv. Nr. 7452)

Sicherlich liegt dem Motiv eine Metaphorik zugrunde. Der Blick von innen nach außen, als Verbindung der Innen- mit der Außenwelt, eine romantische Idee, welche die Dresdner Romantik wiederholt in ihren berühmten Fensterblicken realisiert. "Darin fanden die Romantiker ein starkes Symbol für die Erfahrung, an der Schwelle zwischen Innen- und Außenwelt zu stehen. Die Gegenüberstellung der engen Vertrautheit eines Raumes und der ungewissen, oft idealisierten Vision dessen, was dahinter liegt, wurde sofort als Metapher für die unbewusste Sehnsucht erkannt." [3]

Die ehemalige Besitzerin unseres Gemäldes, Fräulein J. F. Ipsen, besaß einst ein anderes wichtiges Gemälde von Rørbye. Das 1825 datierte Bild, Blick aus dem Fenster des Künstlers ist ein sehr prominentes Beispiel für ein Fensterbilde des dänischen Goldenen Zeitalters (Abb. 1).[4] Beide Bilder wurden 1905 zusammen in Kopenhagen ausgestellt.[5]


  1. Über Martinus Rørbye, siehe Kasper Monrad, Danish Painting, The Golden Age, Ausst. Kat., The National Gallery, London 1984, S. 179 - Im Lichte Caspar David Friedrichs. Frühe Freilichtmalerei in Dänemark und Norddeutschland, exhib. cat., Hamburger Kunsthalle 2000, S. 49 - Dirk Luckow and Dörte Zbikowski, Ausst. Kat., ebenda Kiel 2005, S. 266-7.
  2. Siehe, Ausst. Kat., Kopenhagen 1981, ebenda., Nr. 26.
  3. Sabine Rewald, in Ausst. Kat., Rooms with a View. The Open Window in the 19th century, The Metropolitan Museum, New York 2012, S. 3 und 5.
  4. Statens Museum for Kunst, Copenhagen (inv. no. 7452). Siehe, Kaspar Monrad, in Ausst. Kat., The Golden Age of Danish Painting, County Museum, Los Angeles 1993, S. 202, Nr. 93, Abb. S. 203.
  5. Kunstforeningen, ebenda.

 

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