Carl Gustav Carus
(Leipzig 1789 - 1869 Dresden)
Mondschein über Kiefern
Öl auf Papier auf Karton, 10,3 x 7,8 cm
Provenienz:
- wohl Kunsthandlung Rusch, Dresden (1930);
- wohl Kunsthandel Luz, Berlin (während des 2. Weltkriegs);
- Privatsammlung, Liechtenstein (nachweisbar 1995-2009);
- Privatsammlung, Schweiz.
Ausstellung
- Dresden, Kunstausstellung Kühl (Etikett auf der Rückseite);
- Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum (Inv. Nr. Gm 2060) langjährige Leihgabe 1995-2009.
Mit dem aufgehenden Mond inszeniert dieses kleinformatige Nachtbild von Carl Gustav Carus ein Schlüsselmotiv der Dresdner Romantik. Ein Rest von Abendrot färbt den Nachthimmel zart violett. Zwischen Kiefern und Tannen geht der Mond auf, der in der Mitte verdeckt von einer vorgelagerten Wolkenbank. Typisch für die blaue Stunde gibt das Restlicht den umgebenden Nadelbäumen noch Körper und Tiefe, was dem kleinen Format zu erstaunlicher Präsenz verhilft. Die genaue Naturbeobachtung, für die Carus so berühmt ist, schließt hier eine metaphysische Komponente ein, wie man sie zeitgleich bei Caspar David Friedrich findet.
Motive bei Mondschein durchziehen Carus gesamtes Werk.[1] Er widmet den von ihm so bezeichneten Mondscheinbildern im zehnten Brief seiner kunsttheoretischen Schrift „Briefe über Landschaftsmalerei“ ein eigenes Kapitel.[2] Carus, der Naturwissenschaftler und königliche Leibarzt, offenbart sich darin als geistreicher Kunsttheoretiker.[3] Die romantische Synthese von „Gemüt“ und Naturleben verbindet er mit dem Bestreben, die Darstellung der Natur zu objektivieren. Die Beschreibung eines Mondaufgangs etwa beinhaltet – neben der ästhetischen Erörterung – eine genaue Betrachtung der Licht- und Farbverhältnisse: …Wie sich das so vollgefärbt und doch in tiefer Dämmerung von dem reinen, durch das Licht der untergegangenen Sonne noch mäßig erleuchteten Himmel absetzt, und ... auf dunkelndem Blau des Himmels der reine, …erscheinende Mond … hervortrat.[4]
Seit 1814 lebte Carus in Dresden, wo er unter den Einfluss Caspar David Friedrichs kam, der das Mondscheinthema in der romantischen Malerei zu Signetwirkung gebracht hatte. Obwohl Carus sich bereits in den Jahren nach 1820 von Friedrichs Einfluss emanzipierte, wirkte dessen profundes Wissen zu Maltechnik und Bildgestaltung in ihm weiter. Carus hat lebenslang von den ästhetischen Einsichten Friedrichs profitiert. So schreibt er nach dem Tod des Freundes: Sehr lehrreich für mich war das entschiedene Gefühl für reine Konzentration des Lichts, welches seine [Friedrichs] Werke auszeichnete.[5]
Mit fortschreitenden eigenen künstlerischen Ambitionen rezipierte Carus Friedrichs Werk zunehmend kritisch. Und setzte dem Werk Friedrichs eine neue, um Objektivität bemühte, naturwissenschaftliche Rezeption von Natur entgegen, die sein bildnerisches Schaffen und seine Kunsttheorie zunehmend bestimmte.
- Carl Gustav Carus. Natur und Idee, Kat. Ausst. Staatliche Kunstsammlungen Dresden und Staatliche Museen zu Berlin, Juni 2009 - Januar 2010, Dresden und Berlin, 2009, Natur und Idee, v.a. Kat. Nr. 106, 107, 117 (Motiv), 142 (Maltechnik). ↑
- Carl Gustav Carus, Zehn Briefe…, op. cit., S. 115-119. ↑
- Karge, Kendrik, ‚Die Landschaftsbriefe von Carl Gustav Carus und ihre Rezeption in der zeitgenössischen Kritik und Kunstliteratur’, in Carl Gustav Carus, op. cit., Essays, S. 233ff. ↑
- Carl Gustav Carus, Zehn Briefe…, op. cit., S. 118. ↑
- Carl Gustav Carus, Lebenserinnerungen und Denkwürdigkeiten, in Caspar David Friedrich in Briefen und Bekenntnissen, hg. Sigrid Hinz, München 1974, S. 194. ↑