Lesser Ury – VERKAUFT

Lesser Ury
(Birnbaum 1861 - 1931 Berlin)

Mondaufgang am Grunewaldsee, 1898

Öl auf Leinwand, 106 x 150 cm
Signiert und datiert unten rechts L. Ury 1898

Provenienz:
Sammlung Heinrich Grünewald, Tel-Aviv
Galerie Paffrath, Düsseldorf
Auktionshaus Lempertz, Köln, Dezember 1984, Lot 1151
Auktionshaus Grisebach, Berlin, November 1990, Lot 3
Privatsammlung, Deutschland

Ausstellungen:
Lesser Ury, Sonderausstellung zum 100. Geburtstag des Künstlers, Berlin, Bezirksamt Tiergarten von Berlin, 26. September - 15. Oktober 1961, Nr. 27
Lesser Ury, Zauber des Lichts, Berlin, Käthe-Kollwitz-Museum, 1995, Abb. S. 164,
S. 200, Nr. 74

Literatur:
Der Querschnitt, XII, 1932, Abb. zwischen S. 312 und 313
Hermann A. Schlögl, Matthias Winzen (Hgg.), Lesser Ury und das Licht, Kat. Ausst. Baden-Baden, Museum für Kunst und Technik, 5. April - 31. August 2014, S. 20-2

 

Lesser Ury ist vor allem bekannt für seine Darstellungen des urbanen Berlin: Caféhäuser und Kabaretts, regennasse, nächtliche Straßen, die die Straßenbeleuchtung und die Scheinwerfer der Automobile spiegeln. Tatsächlich ist das Repertoire des Künstlers weitaus vielschichtiger. Einen besonderen Raum nehmen seine meist in der Umgebung Berlins entstandenen Landschaften ein, in denen sich der Künstler symbolistischen Einflüssen öffnet. Die Landschaftsmalerei hatte Ury ein Leben lang beschäftigt. Bereits mit Beginn seiner künstlerischen Laufbahn 1882 an der Académie Royale des Beaux-Arts in Brüssel unter Jean-Francois Portaels, danach in Paris unter Jules Joseph Lefèbvre.[1] Durch seine rastlose Reisetätigkeit in den 1890er Jahren war Ury mit den Kunsttendenzen seiner Zeit, besonders auch mit den symbolistischen Strömungen in Italien und Frankreich, bestens vertraut. In Berlin beschäftigte er sich ausführlich mit den reizvollen Landschaften der direkten Umgebung.

Ury suchte die Nähe zur Natur. Atmosphärische Phänomene beschäftigten ihn ebenso wie der Wechsel der Tageszeiten – eine interessante Parallele mit den auf den ersten Blick so unterschiedlichen Großstadtbildern. Seine Vorliebe galt den stillen Stunden des Übergangs, der Dämmerung und der Nacht, so wie auf unserem Mondaufgang am Grunewaldsee. Magisch leuchtet der Vollmond über dem See. Bäume und Büsche verschatten den Vordergrund. Das Kolorit wechselt weich und fließend zwischen Grün- und Blautönen. Selbst die dunklen auf den ersten Blick schwarz erscheinenden Partien sind farbig angelegt. Die Stärke seiner Bilder liegt in der Auflösung des gegenständlichen Bildmotivs zugunsten des Atmosphärischen[2], darin an die späten Landschaften Corots erinnernd. Adolf Donath formulierte dies 1921 wie folgt: Das ist das magische an Urys Landschaft, dass wir in ihr die Seele der Landschaft wiederfinden.[3]

In Berlin war Ury zusammen mit Max Liebermann und Lovis Corinth der bedeutendste Protagonist des Impressionismus.[4] Besonders in den Landschaften wird deutlich, dass er sich darüber hinaus auch mit den Tendenzen des europäischen Symbolismus auseinander setzte. 1903 schrieb der Philosoph Martin Buber: „Die Landschaften Ury’s sind so außerinhaltlich, so visionär, dass sie sich nur sehen und fühlen, kaum besprechen lassen“ .[5]

Das Leben war nicht angenehm für mich, die Kunst auch nicht und die Kritik erst recht nicht […] – so resümierte der Einzelgänger 1921. Leben und Karriere waren nicht immer nach Wunsch verlaufen. Ury, war ein Einzelgänger, auch als Künstler. Während seine Zeitgenossen Liebermann, Corinth und Max Slevogt in künstlerischem und privaten Austausch standen, hielt er sich abseits. Seine Kollegen hatten, wie er fand, ungerechtfertigt die besseren Kritiken. Er kritisierte öffentlich, Liebermann bediene sich seiner Technik der Wiedergabe von Lichteffekten. Liebermann hatte die Presse allerdings auf seiner Seite und entschied den Konflikt für sich.[6] Ury litt unter den negativen Schlagzeilen. Trotz der Rückschläge am Anfang seiner Karriere, war er in den 1910er Jahren zu einem erfolgreichen Maler avanciert. Die Pressestimmen waren milde geworden, und private Sammler hatten Ury für sich entdeckt. Seit Liebermann 1915 den Vorstand der Berliner Secession an Corinth abgegeben hatte, konnte er auch Urys Teilnahme an den populären Secessionsausstellungen nicht mehr verhindern, was den Künstler noch populärer machte. Ab 1921 war er Ehrenmitglied der Berliner Secession, die ihm ein Jahr später zu seinem 60. Geburtstag eine Ausstellung ausrichtete. Die Einsamkeit und Selbstentfremdung des Lebens in der modernen Großstadt prägte ihn und spricht aus seinen Bildern.

Das Gemälde Mondlandschaft blieb bis zum Tode im Besitz des Malers. Das letzte Atelierfoto, in der Zeitschrift Der Querschnitt 1932 posthum veröffentlicht, zeigt ihn zusammen mit dem Gemälde (Abb. 1). Nach Urys Tod ist die Landschaft bei dem nach Israel ausgewanderten Berliner Heinrich Grünewald nachweisbar. Dieser war gut bekannt mit dem ebenfalls in Israel lebenden Kunsthistoriker Dr. Karl Schwarz, ehemals Direktor des noch am 24. Januar 1933 eröffneten Jüdischen Museums in Berlin und später Direktor des Tel-Aviv Museums. Schwarz seinerseits war eng mit Ury befreundet gewesen und ein Kenner des Oeuvres. Im Jahr 1961 fand in Berlin unter Leitung von Schwarz eine Gedächtnisausstellung zum 100. Geburtstag des Malers statt. Leihgeber dieses und anderer Bilder war Heinrich Grünewald.

Abb. 1 Fotoaufnahme: Lesser Ury vor dem Bild Mondaufgang in: Der Querschnitt, XII, Heft 5, Mai 1932

 


[1] Hermann A. Schlögl und Karl Schwarz, Lesser Ury. Zauber des Lichts, Berlin 1995, S. 80-81.

[2] Ralf Melcher, ‚Lesser Ury. Die Leichtigkeit der Atmosphäre’, in Hermann A. Schlögl und Matthias Winzen, Lesser Ury und das Licht, Ausst. Kat. Baden-Baden, Museum für Kunst und Technik des 19. Jahrhunderts, 5. April - 31. August 2014, S. 181-188.
Vgl. auch Schlögl/Schwarz, op. cit., S. 35.

[3] Adolph Donath, Lesser Ury: Seine Stellung in der modernen deutschen Malerei, Berlin 1921,
S. 31.

[4] Lesser Ury, am 7. November 1861 in Birnbaum bei Posen geboren, stammte aus einer einfachen jüdischen Familie. Eine kaufmännische Lehre bricht er ab und beginnt in Brüssel, später Paris, die Ausbildung zum Maler. Nach Reisen und Aufenthalten in Belgien, Frankreich, Italien und der Schweiz eröffnet Ury 1901 seine Galerie am Nollendorfplatz in Berlin, die er bis zum Ende seines Lebens führen wird. Erst hier erhält der lange Zeit von negativen Kritiken verfolgte Künstler Anerkennung für seine Werke, Bekanntschaften u. a. mit dem Kunstschriftsteller Adolph Donath und später Carl Schapira, seinem bedeutendsten Sammler, fördern seine Karriere. Zahlreiche Ausstellungen folgen, 1915 erstmals in der Berliner Sezession, die ihn 1921, anlässlich seines 60. Geburtstags zum Ehrenmitglied ernennt. Er sei „immer seinen eigenen Weg gegangen, unberührt und unbeirrt von Tagesströmungen, ein Vorbild für die Künstlerschaft.“ Am 18. Oktober 1931 stirbt Ury Lesser in Berlin und wird auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee beigesetzt, seinen Nachlass versteigert das Auktionshaus Paul Cassierer. (Vgl. die Zeittafel bei Schlögl/Schwarz, op. cit., S. 108 - 109; ebenso: Hermann A. Schlögel, ‚Der lange Weg zur künstlerischen Anerkennung’, in Schlögl / Winzen, op. cit., S. 33-52).

[5] Martin Buber, Lesser Ury, in ders. (Hg.), Jüdische Künstler, Berlin 1903, S. 37-68, hier S. 50.

[6] Schlögl / Winzen, op. cit., S. 101-37.

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