Hans Thoma (Bernau 1839 - 1924 Karlsruhe)
Rheintal bei Säckingen, 1881
Öl auf Leinwand, 77,4 x 106 cm
Monogrammiert und datiert unten links HTh 81
Provenienz:
Carl von Grunelius, Frankfurt a.M. (bereits 1900, noch 1909, siehe Thode)
Kunsthandel Düsseldorf 1956
Sammlung Georg Schäfer, Schweinfurt (Inv. Nr. 2599)
Literatur:
H. Thode, Thoma, des Meisters Gemälde, Werkverzeichnis, Stuttgart 1900, Nr. 82
H. Thode, Thoma, des Meisters Gemälde, Werkverzeichnis, Stuttgart 1909, S. 198, mit Abb.
Deutsche Heimat in Bildern von Hans Thoma, Frankfurt 1922, Tafel 38
Ausstellungen:
Richard W. Gassen und Bernhard Holeczek, Mythos Rhein: ein Fluß, Bild und Bedeutung, Kat. Ausst., Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen 1992, Kat. Nr. 65,
S. 73, Abb. S. 110
Hans Thoma, 1839-1924: Gemälde und Zeichnungen aus der Sammlung Georg Schäfer, Schweinfurt, Kat. Ausst., Altes Rathaus Schweinfurt, Städtische Kunstsammlungen Augsburg, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Kunsthalle Kiel, Schweinfurt 1989, Kat. Nr. 22, S. 80, Abb. S. 81
100 Jahre Heidelberger Kunstverein, Kunst und Künstler in Baden und in der Pfalz, Kat. Ausst., Heidelberg 1969, Kat. Nr. 78 mit Abb.
Das enge Verhältnis Hans Thomas zu seiner Heimat, dem südlichen Schwarzwald, hat auch seine Malerei geprägt. Das Rheintal bei Säckingen hat er über eine Zeitspanne von 26 Jahren mehrmals dargestellt. Motivische und atmosphärische Variationen charakterisieren die einzelnen Fassungen. Von einem leicht erhöhten Standpunkt aus blickt man über weite Wiesen auf den Rhein, hinterfangen von den Höhenzügen des südlichen Schwarzwaldes.
Die früheste Fassung, heute im Hans-Thoma-Museum in Bernau (Öl auf Leinwand, 61 x 110 cm, Thode 1909, S. 62), entstand während seines Aufenthaltes bei seiner Mutter und Schwester in Säckingen im Sommer 1873. Thoma bemüht sich um ein realistisches Porträt der Landschaft seiner Heimat. Im Vordergrund zieht ein Bauer mit Familie und Esel durch das hohe Gras.
Die vorliegende Fassung malte Thoma im Jahr 1881. Kinder im Vordergrund sammeln Wiesenkräuter, daneben weiden Kühe. Ein großer schattenspendender Baum schließt die Komposition links. Der zarte Farbauftrag lässt die Konturen der Vorzeichnung sichtbar. Der Drang des Künstlers zu einer verklärten, poetischen Landschaftsauffassung, die ihm auch emotional Heimat ist, wird deutlich.
Beinahe zwei Jahrzehnte später entstand schließlich 1899 die letzte und größte Fassung (Abb. 1) (Öl auf Leinwand, 108 x 178 cm, Kunsthalle Karlsruhe), die das Rheintal im Frühjahr zeigt. Der große Baum ist zarten Birkenstämme gewichen, die Kinder durch eine Margariten pflückende Frau ersetzt: „Aus dem realistischen Landschaftsporträt ist eine verklärte Landschaftsstimmung geworden.“[1]
Nach autodidaktischen Anfängen wurde Hans Thoma 1859 bis 1866 an der Großherzoglichen Kunstschule in Karlsruhe Schüler von Johann Wilhelm Schirmer. Von besonderer Wichtigkeit war sein Paris Besuch 1868 zusammen mit seinem Freund Otto Scholderer. Der Kontakt vor allem mit Gustave Courbet, Théodore Rousseau und Jean-François Millet, sowie mit dem Werk von Edouard Manet war sicherlich prägend für seine Entwicklung, auch wenn er selbst den Einfluss dieser Maler eher als Bestätigung seiner bereits gefestigten künstlerischen Auffassung verstand. In dieser Zeit lebte Thoma abwechselnd in Bernau, Säckingen und Karlsruhe. 1877 verlegte er zusammen mit seiner Frau Cella den Lebensmittelpunkt nach Frankfurt. Es folgten weitere Reisen nach Florenz, England und Holland. Eine Ausstellung von 36 Werken Thomas im Münchner Kunstverein 1890 brachte ihm den Durchbruch. Der Verkauf seiner Gemälde stieg sprunghaft an, und die öffentlichen Ehrungen häuften sich. 1895 wurde er Ehrenmitglied der Akademie, 1898 preußischer Professor, 1899 erfolgte die Berufung als Galeriedirektor und Leiter der Kunstschule nach Karlsruhe (Rücktritt 1919), 1903 wurde er Ehrendoktor in Heidelberg und 1904 Ritter des bayerischen Maximiliansordens. Den Zenith seines Ruhmes erreichte er um die Jahrhundertwende.[2]
[1] Hans Thoma, 1839-1924, op. cit., S. 80.
[2] Vgl. Hans Thoma, 1839-1924, op. cit., S. 9-11; Thode 1909, op. cit.; Gustav Keyssner, Thoma, Stuttgart und Berlin 1922.