Albert Anker (1831 - Ins - 1911)
Grüner Kachelofen, 1894
Öl auf Leinwand, 23 x 31,5 cm
Datiert unten mittig 4 JAN (18)94
Rückseitig auf Karton montierte Echtheitsbestätigung von Marie Quinche-Anker (Tochter des Künstlers) L’ètude à l’huile reprèsent une partie de / fourneau de catelles vertes, omé de motifs bleus / sur fond blanc avec, sur le sièges des raccommodages / en huiles rouges, est une oeuvre de mon père, le / peintre Albert Anker. / Dimensions 38 cm. Sur 23 cm./ Marie Quinche-Anker
Provenienz:
Privatbesitz, Schweiz
Literatur:
Kunstmuseum Bern (Hg.), Albert Anker. Katalog der Gemälde und Ölstudien, Bern 1962, Nr. 588 mit Abbildung
2015 registriert am SIK, Schweizer Institut für Kunstwissenschaft, Nr.141210 0002 als eigenhändige Arbeit Ankers.
Sein Heimatdorf Ins und das protestantische Berner Umland prägten die Arbeit Albert Ankers, so wie er die Sicht der nachfolgenden Generationen auf das Schweizer Volksleben prägte. Er unterlag nie einer anekdotisch verklärten Sentimentalität. Seine Lieblingsmotive: kindliches Spiel und Schulbesuch, Lesen und Lernen, Stricken und Weben sind Anliegen des Sozialreformers, der sich gegen Kinderarbeit aussprach und für Volksbildung einsetzte.
Vornehmlich im Haus spielen Ankers um Verismus bemühte Alltagsszenen. Neben Ölstudien ganzer Räume wendet er auch viel Aufmerksamkeit auf die exakte Darstellung einzelner Einrichtungsgegenstände. Seine Maltechnik ermöglichte ihm deren Stofflichkeit virtuos und genau darzustellen.[1]
Der Kachelofen[2] stand besonders während des Winters im Zentrum häuslichen Lebens. Deswegen überrascht es nicht, dass er auf vielen Interieurs des Künstlers präsent ist, im Hintergrund oder als Hauptmotiv, vor welchem die Protagonisten seiner Bilder ihren häuslichen Tätigkeiten nachgehen. Unsere Ölstudie zeigt die Sitzbank und das Rückenteil eines in die Jahre gekommenen Kachelofens. Gekonnt erfasst Anker die Schadstellen der größeren grünen Kacheln, sowie das blaue Dekor der kleineren weißen. Die flüssig gemalte Studie besticht durch den engen Ausschnitt, die ungewohnte Perspektive und die harmonische Farbigkeit.
Der Kachelofen der Skizze ist identisch mit jenem auf dem 1883 datiertem Ölgemälde Die beiden Schwestern (Abb. 1)[3]. Der Niveausprung der grünen Kacheln, die Position der Fugen, sowie die Anzahl der Kacheln pro Reihe und deren Farbigkeit stimmen in Skizze und Gemälde genau überein. Der Ofen, so erfahren wir aus Ankers Livre de Vente, gehörte einem Jakob Zöllner.[4]
Nach erstem privaten Zeichenunterricht tauschte Albert Anker[5] – er gilt als der bedeutendste Vertreter des Schweizer Realismus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – 1854 sein Theologiestudium zugunsten der Malerei. Im Herbst wurde er in Paris Schüler des Schweizer Klassizisten Charles Gleyre. 1855-60 besuchte er zusätzlich die Ecole des Beaux-Arts. Er beteiligte sich regelmäßig am Pariser Salon, kam bei dem renommierten Pariser Kunsthändler Alphonse Goupil unter Vertrag und errang 1866 die Goldmedaille des Salons. Er verbrachte die Winterhalbjahre in Paris, die Sommermonate im heimischen Ins. Ab 1890 wurde er dauerhaft in Ins und Neuchâtel sesshaft. Anker engagierte sich in künstlerischen und politischen Belangen, beispielsweise 1870-74 als Mitglied des Berner Großen Rats, 1878 als Mitorganisator der Schweizer Beteiligung an der Pariser Weltausstellung sowie als Mitglied der Eidgenössischen Kunstkommission.
[1] Martin Stuber, Gerrendina Gerber-Visser, Isabelle Messerli (Hgg.), ‚Ländliche Gesellschaft und materielle Kultur bei Albert Anker (1831-1910)’, in Berner Zeitschrift für Geschichte (BEZG), Sonderdruck, in Kooperation mit dem Kunstmuseum Bern und der Stiftung Albert Anker-Haus Ins, 72. Jahrgang, Heft Nr. 2, 2010, S. 6-10. [2] Anker beschäftigte sich auch künstlerisch mit der Fayence. Zwischen 1866 und 1892 arbeitete er als künstlerischer Mitarbeiter in der Fayencefabrik von Théodore Deck in Paris. Dieser Teil seines Œuvres umfasst ungefähr 500 eigenhändig bemalte Wandplatten und -teller, die thematisch oft an seine Ölmalerei anknüpfen. [3] Unsere Skizze ist 10 Jahre nach dem Ölgemälde datiert. Entweder hat sich Anker folglich mehrfach mit dem Ofen beschäftigt, was nicht ungewöhnlich wäre. Oder die Datierung 1894, sie ist mit einem anderen Pinsel als 4. Jan. aufgetragen, ist später vorgenommen und deshalb inkorrekt. Grundsätzlich hat Anker seine Studien selten signiert und datiert. [4] [...] les 2 soeurs avec le fourneau de Zöllner Jakob [...]. Sandor Kuthy und Therese Bhattacharya-Stettler, Albert Anker, Basel/Bern 1995, S. 160, Kat. Nr. 304. [5] Albert Anker. Schöne Welt. Zum 100. Todestag, Kat. Ausst. Kunstmuseum Bern, Winterthur, Museum Oskar Reinhart am Stadtgarten, Bern 2010.