Peder Balke – VERKAUFT

Peder Balke (Hedemarken, Norwegen 1804 - 1887 Oslo)

Der Stetind in Nebelschwaden, 1860er Jahre

Öl auf Leinwand, 37,3 x 29,5 cm
Signiert unten rechts Balke

Provenienz:
Ingar H. Nielsen, Oslo (1885-1963) [1]
Rolf Saxholm, bis in die 1990er Jahre
Øystein Hjort, Kopenhagen (1938-2014), Neffe von Saxholm [2]
Danach in Erbfolge

Ausstellung:
Statens Museum for Kunst, Kopenhagen (Dauerleihgabe von Januar 2015 bis April 2017)

Das Werk des Norwegers Peder Balke ist einigermaßen singulär. Aus heutiger Sicht wirkt es nicht nur modern. Indem es die Gründung eines norwegischen Nationalstaates fördern sollte, offenbart es auch eine politische Dimension. Inhaltlich vergleicht ihn die aktuelle Kunstgeschichte mit Caspar David Friedrich und William Turner. Seine Maltechnik ist ohne Vorbild.[3] In den letzten Jahren hat Balkes Werk großes Interesse erfahren und wurde in mehreren Einzelausstellungen gewürdigt, zuerst in Skandinavien, im Northern Norway Art Museum, Tromsø, dann 2014/15 in der National Gallery, London – und vor kurzem im Metropolitan Museum of Art, New York.[4]

Balkes Landschaftsbilder inspirieren sich an der Natur Nordnorwegens, die der Künstler erstmalig von Frühjahr bis Herbst 1832 auf einer Reise durch die Finnmark erkundete. Er reiste von Trondheim an das Nordkap und von dort ostwärts nach Vardø und Vadsø.[5] Die Landschaftseindrücke dieser Reise waren für Balkes weitere Entwicklung von zentraler Bedeutung und kehren in seinen Arbeiten beständig wieder. Balke ist nicht an einer möglichst naturgetreuen Darstellung der nordischen Landschaft gelegen, sondern an prägnanten Motiven, die in dramatischer Überhöhung jene unbezwingbare Natur darstellen, die das Leben ihrer Bewohner prägt. Mit dem Nordkap, dem Stetind und den Leuchtturmmotiven schuf er dramatische Bilder, welche, Ikonen gleich, dem jungen norwegischen Nationalstaat eine Identität geben sollten. Ein ähnliches Bestreben hatte Balkes Landsmann, der Maler Johan Christian Dahl. Jedoch suchte er nationale Identität in Norwegens Brauchtum und der landestypischen historischen Holzarchitektur, den Stabkirchen. Er war einer der Gründer der norwegischen Nationalgalerie sowie zahlreicher Kunstvereine des Landes.[6] Ähnliche Tendenzen in der Kunst kennzeichnen auch die Genese anderer junger europäischer Nationalstaaten. Dort suchte man die Wiege der Nation in der nationalen Geschichte, der Sagenwelt und dem antiken Erbe. Balke aber nutzte die großartige heimische Natur zur Stiftung nationaler Identität.

Zusammen mit dem Nordkap ist der markant geformte Stetind[7], heute ein nationales Wahrzeichen Norwegens, für Balke Sinnbild für die dramatische Natur nordischer Landschaft[8]. Der aus dem Nebel aufsteigende Stetind unseres Gemäldes wirkt surreal, der menschlichen Sphäre gänzlich entrückt. Wer sich in diese Gefilde aufmacht, wird Schiffbruch leiden ist seine Botschaft. Auch wenn die Menschen, mittels technischem Fortschritt, hier einem Dampfschiff, versuchen die Natur zu meistern.          

Gemälde aus Balkes Spätwerk, wie das unsere, begründen sein Renommée als Pionier der Moderne. Ab den späten 1850er Jahren befreite er seine Motive zunehmend von Detail und bediente sich ungewöhnlicher Maltechniken, wie er sie aus seiner Ausbildung zum Theatermaler kannte. Durch eine radikale Vereinfachung, die stete Wiederholung weniger prägnanter Motive und eine offene lasierende Maltechnik, zuweilen mit einem Schwamm oder den Fingern aufgetragen, schuf er für das moderne Auge abstrakt anmutende Kompositionen.[9] Auch in Europa ab 1830 kursierende japanische Farbholzschnitte, die er im Orginal oder in Reproduktionen während seiner Paris- und London Aufenthalte studieren konnte, haben Balke beeinflusst. Es ist eben jenes Spätwerk welches ihm auch die Bewunderung heutiger Maler, etwa Per Kirkebys, einbringt.

Im Rückblick auf seine Reisen in den Norden schreibt der Maler: ...ein Eindruck, der sich nicht nur im Rausch des Augenblicks meiner bemächtigte, sondern sogar auf mein ganzes zukünftiges Leben einen entscheidenden Einfluss hatte...denn in diesen nördlichen Gegenden sind es die Naturschönheiten, die die Hauptrolle spielen, während die lebendigen Kinder der Natur, die Menschen, ihnen gegenüber nur eine untergeordnete Stellung einnehmen.[10]

Da es in Norwegen keine Kunstakademie gab, entschloss sich Balke 1828 an der Stockholmer Kunstakademie zu studieren. 1830 reiste er nach Kopenhagen. Dort beeindruckten ihn besonders die Gemälde von Johan Christian Dahl. Die Sommermonate verbrachte er auf ausgedehnten Reisen in Norwegen und 1832 erstmalig Nordnorwegen. Nachdem er 1835 mehrere Monate bei Dahl und Caspar David Friedrich in Dresden verbracht hatte,[11] reiste Balke nach Paris weiter, wo er seinen Landsmann Thomas Fearnley traf.

In den 1840er Jahren, nach seiner Rückkehr nach Norwegen, erreichte Balkes Malerei, von seinen Zeitgenossen weitgehend unbeachtet, einen ersten Höhepunkt. 1844 sah er sich aus einem Mangel an Aufträgen gezwungen, Norwegen erneut zu verlassen, um nach Paris zu reisen. Es gelang ihm, eine Audienz bei König Louis-Philippe zu bekommen, der als junger Mann in den Jahren nach der Revolution den Norden Norwegens bereist hatte und deshalb sehr daran interessiert daran war, Balke kennenzulernen. Balke legte dem König eine Auswahl von Ölskizzen mit Motiven aus Nordnorwegen vor, aus der dieser einige auswählte, die ihm der Maler in großem Format als Gemälde ausarbeiten sollte. 26 dieser Ölskizzen haben sich erhalten und sind heute im Musée du Louvre ausgestellt. Balkes künstlerische Zukunft schien gesichert, allein die Revolution 1848 setzte den Plänen des Königs ein jähes Ende. Louis-Philippe musste abdanken. Ende 1847 sah sich Balke gezwungen, Paris zu verlassen. Zunächst ging er nach für eine kurze Zeit nach Dresden, doch im Frühjahr 1849 brach er nach London auf. Dort hatte er die Gelegenheit, William Turners Werk zu studieren, dessen Bilder ihn in der Radikalisierung seiner Maltechnik bestärkt haben dürften.[12]1850 kehrte er endgültig nach Norwegen zurück. Er trat der sozialistischen Arbeiterbewegung bei und nahm verschiedene soziale und politische Ämter an. Er beschäftigte sich fortan öffentlich mit Sozialutopien und der Gründung einer nach diesen Utopien ausgerichteten Siedlung. Unbeachtet von der Öffentlichkeit widmete er sich auch weiterhin der Malerei, um eben jene Gemälde zu schaffen, für die er heute geschätzt wird.[13]


[1] Ingar H. Nielsen gewann zweimal Gold bei den Olympischen Spielen 1920 und 1924 im Wettbewerb Segeln.

[2] Øystein Hjort war Kunsthistoriker und spezialisiert auf altchristliche und byzantinische Kunst. 1995-2005 lehrte er an der Universität in Kopenhagen. vgl. http://denstoredanske.dk/Kunst_og_kultur/Billedkunst/Kunsthistorie,_kunstkritik_og_teori/Kunsthistorikere_-_Danmark/%C3%98ystein_Hjort (13.06.2017).

[3] Peder Balke 1804-1887, Kat. Ausst., Oslo, Kunstnernes Hus, 1954;

Per Kvaerne and M. Malmanger (eds.), Un peintre norvégien au Louvre. Peder Balke (1804-1887) et son temps, Oslo, Instituttet for sammenlignende kulturforskning, 2006;

Peder Balke. Ein Pionier der Moderne, Kat. Ausst. Kunsthalle Krems, 7.9.2008 – 15.2.2009, Ordrupgaard, Kopenhagen, 5.3.2009-21.7.2009, Krems, Wien, Bonn, 2008.

[4] Metropolitan Museum of Art, New York: Peder Balke: Painter of Northern Light, 10. April - 9. Juli 2017: http://www.metmuseum.org/exhibitions/listings/2017/peder-balke (13.07.2017).

[5] Vgl. Paintings by Peder Balke, Kat. Ausst. London, National Gallery, Tromsø, Northern Norway Art Museum, London 2014, S. 64.

[6] Vgl. Knut Ormhaug, ‚Johan Christian Dahl und die norwegische Kultur: Denkmalpflege, Nationalgalerie, Kunstvereine’, in Herwig Guratzsch (Hg.), Johan Christian Dahl. Der Freund Caspar David Friedrichs, Köln 2002, S. 137-144.

[7] Vgl. Peder Balke, Stetind im Nebel, 1864, Öl auf Leinwand, 71 x 58 cm, Nasjonalmuseet for kunst, arkitekur og design, Oslo, Inv. Nr. NG.M.03335. Balke ließ sich zusammen mit dem Gemälde fotografieren.

[8] Dieter Buchhart und Anne-Brigitte Fonsmark (Hg.), Peder Balke. Ein Pionier der Moderne, Kat. Ausst., Krems, Kunsthalle Krems und Kopenhagen, Ordrupgaard, Heidelberg 2008, S. 10.

[9] Siehe Marit Ingeborg Lange in: Un peintre norvégien au Louvre, op. cit., S. 51f und Peder Balke. Ein Pionier der Moderne, op. cit., S. 28-45.

[10] Zitiert nach Peder Balke. Ein Pionier der Modern, op. cit., S. 10.

[11] Balke geriet während seiner Aufenthalte in Dresden unter den Einfluss von Friedrich und dessen Mitbewohner Dahl, Norweger wie Balke selbst. Es war vor allem Friedrichs Landschaftsauffassung, die dem Temperament Balkes entsprach und ihn nachhaltig beeinflusste. Vgl. Knut Ljøgodt, ‚In Quest of the Sublime: Peder Balke and the Romantic Discovery of the North’, in Paintings by Peder Balke, op. cit., S. 52

[12] Vom 14. November 2014 bis 15. April 2015 fand in der National Gallery in London die erste Einzelausstellung Balkes in England statt.

[13] Vgl. Marit Ingeborg Lange, ‚Peder Balke: Vision and Revolution’, in Paintings by Peder Balke, op. cit., S. 6-41.

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