Johann Heinrich Schilbach ( Barchfeld 1798 – 1851 Darmstadt)
Blick auf das Forum Romanum von Südosten, 1827
Öl auf Leinwand
Signiert und datiert links unten H. Schilbach/18…
46,7 x 61 cm
Provenienz:
Christie, Manson & Woods, Ltd., London 1967, Lot 59
Cäsar und Ruth Pinnau, Hamburg
Hamburger Kunsthalle, Leihgabe 2008 – 2011
Literatur:
Märker, Peter u. K.-D. Pohl, Der Traum vom Süden. Johann Heinrich Schilbach (1798-1851). Zeichnungen, Aquarelle, Ölstudien und Gemälde, Kat. Ausst. Hessisches Landesmuseum Darmstadt, 24. Februar – 30. April 2000, Darmstadt 2000, S. 153
Gisela Bergsträsser, Johann Heinrich Schilbach – Ein Darmstädter Maler der Romantik, Darmstadt 1959
Der 1798 geborene Schilbach gehört demselben Jahrgang an wie F.T. Horny und Carl Blechen und somit der jüngeren Generation deutscher Romantiker. Er begann seine Ausbildung fünfzehnjährig bei dem Theatermaler und Kupferstecher Georg Primavesi in Darmstadt. Die finanzielle Unterstützung Großherzog Ludwigs I. von Hessen half dem jungen Künstler über die Anfangsjahre hinweg und ermöglichte ihm 1823 einen Romaufenthalt, zusammen mit seinem Freund, dem Heidelberger Maler Ernst Fries. In Rom lebte er in einem Haus mit Johann Joachim Faber und Heinrich Reinhold. Er verkehrte mit Ludwig Richter, Carl Wilhelm Götzloff, Carl Philipp Fohr, und seinem Förderer, dem dänischen Bildhauer Berthel Thorvaldsen. Von Julius Schnorr von Carolsfeld ist die hohe Wertschätzung, die Schilbach in Rom zu Teil wurde, überliefert. 1828 verließ er Italien um eine Stellung als Hof- und Theatermaler in Darmstadt anzunehmen. Schilbach unternahm immer wieder ausgedehnte Studienreisen mit befreundeten Künstlern, darunter August Lucas oder Johann Wilhelm Schirmer. Mit letzterem bereiste er 1835 die Schweiz.[1]
In seinen Gemälden ist Schilbach der Vertreter eines Realismus, in welchem sich die Leidenschaft für die künstlerische Neuerung der modernen Freilichtmalerei mit der Konvention der romantischen Linienkunst vereinigt. Sein Werk besteht vor allem aus jenen zahlreichen Zeichnungen, Aquarellen und Ölstudien, die er auf seinen Wander- und Studienreisen vor der Natur anfertigte. Nicht für das Publikum bestimmt, sondern für den persönlichen Gebrauch im Atelier, gingen sie zu einem großen Teil aus Schilbachs Nachlass direkt in Museumsbesitz. Die wenigen ausgeführten Gemälde des Künstlers waren schon zu seinen Lebzeiten sehr gefragt, auf dem Kunstmarkt sind sie äußerst selten und hochgeschätzt.[2]
Aus der römischen Zeit haben sich gerade einmal vier ausgeführte Gemälde erhalten: das hier vorgestellte Paar von Ansichten des Forums und ein zweites, etwas früher entstandenes Paar gleichen Themas. Eindrucksvoll wird die große Meisterschaft der Darstellungen durch die zeitgenössische Rezeption der Gemälde belegt. [3]
Eine erste Ansicht des Forums hatte Schilbach bereits 1824/25 geschaffen. Diese wurde 1825 von dem dänischen Bildhauer Bertel Thorvaldsen für seine Sammlung angekauft. Er bestellte außerdem ein Gegenstück bei Schilbach, welches dieser 1826 vollendete. Beide Gemälde befinden sich heute im Thorvaldsens Museum in Kopenhagen (Abb. 1 und 2).[4] Sie wurden bereits 1826 auf der alljährlich stattfindenden Ausstellung der deutschen Künstler im Palazzo Caffarelli – der Residenz der preußischen Gesandtschaft – präsentiert und verhalfen Schilbach, der seit 1823 in Rom weilte, zu künstlerischem Durchbruch. In der Folge ergingen mehrere Aufträge an ihn, darunter auch für die beiden vorliegenden Gemälde, die 1827 datieren und die Kopenhagener Fassungen variieren. Ganz typisch für einen durch die Freilichtmalerei geschulten Künstler hat Schilbach nicht nur die Staffage verändert, sondern auch eine andere Tageszeit für die Darstellung gewählt. Dies schlägt sich in einer veränderten Licht- und Schattensituation, und einer entsprechend variierten Farbskala nieder.
Die von Schilbach gewählten Ansichten auf die antike Trümmerstätte waren schon im 17. und 18. Jahrhundert beliebt, hatten sich aber seit 1800 durch archäologische Grabungen wesentlich verändert. Der Bogen des Septimius Severus und die Reste der Tempel des Vespasian und des Saturn werden bis zum antiken Bodenniveau ausgegraben, die Freilegung der Phokas-Säule wurde 1818 abgeschlossen, ehemals in das Forum eingebaute Wohnhäuser wurden abgerissen. Schilbachs Darstellung des Forums entspricht exakt der Realität und gibt ein äußerst detailreiches und umfassendes Bild der vorgefundenen Situation wieder.
Für die Ansicht von Nordwesten ist eine Vorzeichnung Schilbachs überliefert.[5] Die Front des Senatorenpalastes befindet sich im Rücken des Betrachters. Die Perspektive führt über den Titusbogen und schließt mit der Silhouette der Albaner Berge am Horizont. Den beschatteten rechten Vordergrund dominieren die Reste des Saturn- und Vespasiantempels, letzt genannter mit korinthischen Säulen. Das Terrain ist durch die laufenden Grabungen zerklüftet. Links im Mittelgrund befindet sich der Bogen des Septimius Severus, dahinter die Fassade von San Lorenzo in Miranda, in der Mitte die von mehreren Figuren belebte Fläche des Campo mit der Phokassäule. Hinter dieser rechts, ist die Dreisäulengruppe des Dioskurentempels auszumachen. Ganz im Hintergrund links ist der Glockenturm von S. Francesca Romana zu erkennen.
Bei der Ansicht von Südosten steht der Betrachter mit dem Rücken zum Titusbogen und blickt über den Campus des Forums auf das Kapitol. Links wird die Komposition von der Dreisäulengruppe des Dioskurentempels vor tiefblauem Himmel dominiert. Rechts eine typische Gruppe von Carrettoni mit ihren Ochsenkarren, auf denen man die Grabungsfunde und Grabungsschutt abtransportierte. Im Hintergrund von rechts nach links: die Kuppel der Kirche S. Adriano, auf dem Hügel S. Maria in Aracoeli, davor Bogen des Septimius Severus und über die ganze Bildmitte die Fassade des Senatorenpalastes. Vor dem Palast sind wieder die Reste des Saturn- und Vespasiantempels sowie die Phokassäule zu sehen.
[1] Vgl. Märker, Peter, K.-D. Pohl, Der Traum vom Süden – Johann Heinrich Schilbach (1798-1851, Kat. Ausst. Hessisches Landesmuseum Darmstadt, 24. Februar – 30. April 2000, Heidelberg 2000, S. 17. [2] Paysages d’Italie. Les peintres du plein air (1780 - 1830), Kat. Ausst. Galeries Nationales du Grand Palais Paris and Centro Internationale d’Arte e di Cultura di Palazzo Te, Mantua, Paris 2001, S.222. [3] Ein fast vollkommenes Bild war von dem jungen Schilbach aus Franken ausgestellt, eine Ansicht des Kapitols von der Seite des Campo vaccino. Es ist wohl kaum möglich, der Wahrheit näher zu rücken, als dieser junge Mann bei diesem seinem ersten Bildchen ihr nahe getreten ist, und man wäre fast versucht anzunehmen, dass keine Fortschritte bei diesem Künstler mehr möglich wären. Die Anerkennung war aber auch allgemein und einige Bestellungen die Folge davon, Brief Schnorr von Carolsfelds, 22.7.1825, zitiert nach Gisela Bergsträsser, Johann Heinrich Schilbach – Ein Darmstädter Maler der Romantik, Darmstadt 1959, S. 41.
Das Schornsche Kunstblatt berichtet in Nr. 51,1825, über die Ausstellung: Das Forum von Herrn Schilbach zog sogleich beim Eintritt die Aufmerksamkeit auf sich. Dieses Gemälde, welches eine allgemeine und laute Bewunderung erregte…..verrät eine geübte Hand…. und tiefen Sinn für das Großartige und Imposante des Gegenstandes. …. Was diesem Bild von unendlicher Ausführung vorzüglich auszeichnet und demselben eine Stelle neben dem Schönsten dieser Art auswirkt, ist die anspruchslose Natürlichkeit in Haltung und Farbe, vgl. Bergsträsser, op. cit., S. 93.
[4] Forum Romanum in Rom, Öl auf Leinwand, 45,1 x 60,2 cm, bez. unten links J.H.Schilbach Rom 1825, Thorvaldsens Museum Kopenhagen, Inv. B 159; Forum Romanum in Rom, vom Capitol aus, Öl auf Leinwand, 46,5 x 60,8 cm, bez. rechts unten J.H. Schilbach Roma 18(26), Thorvaldsens Museum Kopenhagen, Inv. B 160 [5] 1825 oder 1826 zu datieren. Bleistift und Feder in Schwarz auf Papier, 304 x 433 mm, Hessisches Landesmuseum Darmstadt, Inv. HZ 687, vgl. Märker, op. cit., Kat. Nr. 21, mit Abb.