Aloys Zötl (Freistadt 1803 - 1887 Eferding)
Studienblatt „Drei Störe“, 1861
Aquarell, Bleistift, Feder mit grauer Tinte auf Papier, c. 31 x 41 cm (Zeichnung),
44 x 55 cm (Blatt)
Signiert und datiert rechts unten Al. Zötl pinx. Am 6. Dezember 1861
Bezeichnet links unten Fische Taf. 25
Provenienz:
Auktion Hôtel Drouot, Paris, 1958a, Nr. 208a Fische (6. Dez. 1861)
Literatur:
Franz Reitinger, Aloys Zötl oder die Animalisierung der Kunst, catalogue raisonné, Wien 2004, S. 146
Der aus Oberösterreich stammende Aloys Zötl war hauptberuflich Tuchfärber. Ohne jemals all die fernen exotischen Länder denen viele der von ihm dargestellten Tiere entstammten, bereist zu haben, schuf er bis zu seinem Tode ein umfangreiches Werk an Tieraquarellen, das er schließlich in seinem sog. „Bestiarium“ zusammenfasste. Es war in vier Alben gebunden und enthielt an die 400 Blätter, die sich heute überwiegend in Privatsammlungen über Frankreich, die Schweiz, die Vereinigten Staaten und Österreich verstreut befinden.
Besonders in Frankreich feierte die Kunst Zötls bei Anhängern des Surrealismus Triumphe. Andre Breton bezeichnete das Bestiarium als das prächtigste Tierbuch, das die Welt je gesehen habe, und nahm Zötl daraufhin neben Henri Rousseau in die Liste der „Surrealists avant la lettre“ auf (siehe Abb. 1).1
Während der heutige Betrachter das Surreale und Naive an Zötls Oeuvres schätzt, folgte dieser selbst primär einem enzyklopädischen Interesse. Zwar sind die Darstellungen im Detail nicht naturgetreu, doch liegt seinem „Bestiarium“ eine Gattungssystematik zugrunde, die, beginnend mit den Säugetieren, Fische, Weichtiere, Reptilien, Vögel, Insekten, Batrachier und schließlich Hohltiere gruppierte.
Der Kontext der Entstehung dieses außergewöhnlichen Werkes ist die kolonialistische Welt mit ihrer Freude am Exotismus. Seit dem 19. Jahrhundert hatte die Donaumonarchie Anstrengungen unternommen, um im Wettlauf der Nationen um Kolonien und Ressourcen nicht ins Hintertreffen zu geraten. Expeditionen – jene Alexander von Humboldts ist sicher die bekannteste - wurden ausgerüstet um die Welt zu erforschen und auszubeuten. Expeditionsmaler begleiteten sie um das gesehene zu inventarisieren. Aus Anlass der Brautfahrt Erzherzogin Leopoldines, der Tochter des Kaisers, nach Rio de Janeiro im Jahre 1817 wurde eine Expedition nach Brasilien entsandt, an der u.a. auch der bekannte Maler Thomas Ender teilnahm. Die Expedition hatte 1821 die Gründung des „Brasilianums“ in Wien zu Folge, das auch für Zötl ein Ort der Anziehung war.2 In diesem Umfeld enstand Zötls Werk, nur dass er seine Quellen den Umständen entsprechend in der naturkundlichen Literatur seiner Zeit fand.
Wahrscheinlich hat Zötl auch die Störe, des vorliegenden Blattes nicht in natura gesehen. Es handelt sich wohl um drei europäische Störarten, die zu Lebzeiten des Malers an der Donau heimisch waren.3 Zötl hat sich womöglich an dem 1858 erschienenen Buch „Die Süßwasserfische der österreichischen Monarchie mit Rücksicht auf die angrenzenden Länder“ inspiriert.
Störe sind mit maximal fünf Metern die größten Süßwasserfische. Wie die Zeichnung Zötls richtig beschreibt sind sie variabel gefärbt meist hell- bis dunkelbraun, auch schiefergrau oder fast schwarz bis blauschwarz. Die Eierstöcke der Weibchen können bis zu 20 % des Gesamtgewichts ausmachen und liefern den berühmten Kaviar.
Wir danken Dipl. Ing. Johannes Schnell, Landesfischereiverband Bayern e.V. für Hinweise und zoologische Bestimmung der Fische.
1 1955/56 wurden in Paris 320 seiner Aquarelle hochpreisig versteigert.
2 Zötl berichtet in einem Brief von 1825 nach Hause von dem Gesehenen, vgl. Reitinger, op. cit., S. 86
3 Um Störe handelt es sich definitiv, eindeutige Indizien sind: -Form von Kopf und Schnauze - Knochenplatten auf Rücken und Flanken - Heterozerke (= asymmetrische & gegabelte) Schwanzflosse. Eine klare Art-Zuordnung der „Zötl-Störe“ nicht möglich. Sehr vorsichtige Einschätzung (v.o.n.u.) von Schnell:
1. Hausen (Huso huso)
2. Sternhausen (Acipenser stellatus)
3. Sterlet (Acipenser ruthenus)
Zum Bildvergleich ein Link zu den 6 Donau-Störarten: http://www.dstf.eu/species/ (Zugriff 14.1.2014).