Adolph von Menzel
(Breslau 1815 - 1905 Berlin)
Therese und Grete Herrmann beim Klavierspiel, 1872
Bleistift auf Papier, 24,5 × 33,6 cm
Signiert, bezeichnet und datiert unten rechts Adolph Menzel / Hofgastein / 22 Juli /1872.
Provenienz:
Magnus Herrmann, Berlin (1817-1894);
Mathilde Herrmann, geb. Friedlaender, Ehefrau von Magnus Herrmann (1894-1902);
Agathe Herrmann, Berlin, eine der Töchter des Ehepaars Herrmann1 (wohl 1855 bis c. 1930);
Privatsammlung, Berlin;
Kunsthandel Thomas le Claire, Hamburg;
Privatsammlung, Deutschland (seit 1997);
Privatsammlung, USA.
Ausstellung:
Kunst-Ausstellung zur Ehrung der achtzigjährigen Mitglieder Andreas Achenbach, Adolph Menzel, Julius Schrader im Akademie-Gebäude Unter den Linden 36, Berlin, Königliche Akademie der Künste, 1895, Kat. Nr. 263;
Ausstellung von Werken Adolph von Menzels, Berlin, Königliche National-Galerie, 1905, II. Aufl., Kat. Nr. 5310;
Eröffnungs-Ausstellung unseres neuen Berliner Hauses, 13 Bellevuestr. 13, Berlin, Galerie Thannhauser, 1927, Kat. Nr. 203;
Hundert Jahre Berliner Kunst im Schaffen des Vereins Berliner Künstler, Berlin, Verein Berliner Künstler, 1929, Kat. Nr. 1024.
Literatur:
Agathe Herrmann ‚Wie ich Menzel kannte’, in Moderne Kunst in Meisterholzschnitten, XX. Band, Berlin o. J. (1905), S. 99-101;
Wiederabdruck in, Gisold Lammel (Hg.), Exzellenz lassen bitten. Erinnerungen an Adolph Menzel, Leipzig 1992, S. 249-254, hier S. 251, Abb. S. 249, und Nachwort S. 370;
Kurt Karl Eberlein, ‚Hundert Jahre Berliner Kunst’, in Kunst und Künstler, 27. Jg., 9. H., 1.6.1929, ganzseitige Abb. vor S. 335;
Gisold Lammel, Adolph Menzel und seine Kreise, Dresden/Basel 1993, S. 142, Abb. 88, und S. 143;
Luciano Pelizzari, Menzel in Verona: die Italienreisen des großen deutschen Malers des 19. Jahrhunderts, Kat. Ausst. Ingelheim, Museum Altes Rathaus, Leipzig 2008, S. 277.
Adolph Menzel verbrachte die Sommermonate 1872 bis 1874 wiederholt in Hofgastein. Zu Hause in Berlin arbeitete der Maler in eben jenen Jahren 1872 bis 1875 an seinem Großprojet Das Eisenwalzwerk. Tage und Wochen verbrachte er mit dem Anfertigen von Studien in der Fabrik von Königshütte. Die Einladung des Berliner Bankiers und Kunstsammlers Magnus Herrmann, einer der frühesten Bewunderer und Förderer des Künstlers und Besitzer von Das Flötenkonzert oder Die Abreise König Wilhelms I. – beide heute in der Sammlung der Berliner Nationalgalerie – war ihm sicherlich eine willkommene Abwechslung. Herrmann hatte ihm im Gärtnerhaus der Villa Carolina ein Atelier einrichten lassen.
Es ist es sicher kein Zufall, dass sich Agathe Herrmann, die Schwester und spätere Besitzerin unseres Blattes, in ihren 1905 erschienenen Erinnerungen an folgende Szene erinnerte: Er [Menzel] ging bei Wind und Wetter aus, aber bei einem gar zu tollem Regenguss kam er einst ins Musikzimmer, wo meine beiden kleinen Schwestern vierhändig die Serenade von Haydn spielten. ‚Kinder, ich will den Kronleuchter zeichnen, spielt mir etwas dabei vor‘, rief er ihnen zu, wahrte so ihre Unbefangenheit und machte die charakteristische malerische Porträtzeichnung von ihnen, mit der er später meine Eltern erfreute.2
Die Zeichnung zeigt die beiden jüngsten Töchter Herrmanns – Zwillingsschwestern gleich – am Flügel aufrecht auf den gepolsterten Stühlen sitzend. Thereses und Gretes Blicke sind konzentriert auf die Notenblätter vor ihnen gerichtet. Sie spielen die Serenade von Haydn, wie wir von ihrer älteren Schwester Agathe erfahren haben. Menzel wusste ihre kindliche Unbefangenheit virtuos im Bild zu bewahren. Mit vertrautem, äußerst liebevollem Blick beobachtet der Maler die beiden Schwestern.
Musik spielte eine wichtige Rolle bei der Familie Herrmann. Während der Musikabende in der Villa Carolina musizierte der Vater zusammen mit seinen Töchtern, seinem Schwiegersohn, dem Maler Albert Hertel (1843-1912), und Menzels Schwager Hermann Krigar. Menzel selbst spielte kein Instrument, griff aber zu Papier und Bleistift und zeichnete neben Therese und Grete auch Magnus Herrmann mit Violine (1874) und Clara Herrmann-Hertel, die älteste Tochter Herrmanns, am Klavier (1874).3
1 Aus ihrer Ehe sind fünf Kinder hervorgegangen: Clara, Agathe (*wohl 1855), Siegfried Paul, Therese (*1863) und Margarethe (*1864). Siehe Luciano Pelizzari, Menzel in Verona: die Italienreisen des großen deutschen Malers des 19. Jahrhunderts, Kat. Ausst. Ingelheim, Museum Altes Rathaus, Leipzig 2008, S. 277.
2 Agathe Herrmann ‚Wie ich Menzel kannte’, in Moderne Kunst in Meisterholzschnitten, XX. Band, Berlin o. J. (1905), S. 99-101.
3 Adolph Menzel, Der Bankier Magnus Herrmann, musizierend, 5. August 1874, Kohle und Kreide auf Papier, 13 x 20,3 cm, Privatbesitz.
Adolph Menzel, Clara Herrmann-Hertel am Klavier sitzend, 21. Juni 1874, Bleistift auf Papier, 20,8 x 13,2 cm, Berlin, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, Inv. Nr. SZ Menzel N 2551.