Charles Gleyre zugeschrieben
(Chevilly 1806 - 1874 Paris)
Eingang der Casa di Pansa, Pompeij, nach 1840
Öl auf Papier auf Leinwand, 35 x 28,5 cm
Provenienz:
Privatsammlung Genf
Der Maler Charles Gleyre wurde 1806 im Chevilly in der Schweiz geboren und war sein ganzes Leben ein überzeugter Republikaner und Bürger der Helvetischen Konföderation. Das Musée d’Orsay in Paris widmete Gleyre 2016 eine umfassende Ausstellung.[1]
Nach dem Besuch der Lyoner Zeichenschule trat er 1825 in die Ecole des Beaux-Arts in Paris ein. 1828 setzte er seine Ausbildung in Italien fort. Durch einen entfernten Verwandten, den auf Veduten spezialisierten Schweizer François Keiserman, wird er mit Künstlern wie Léopold Robert und Horace Vernet, dem damaligen Direktor der Academie de France in Rom, bekannt. Robert, der in Rom mit Brigantenszenen, große Erfolge feierte, inspirierte Gleyre 1831 zum Thema seines ersten großformatigen Gemäldes Les Brigands romains. Da ihm in Rom kein großer Erfolg beschert war, trat Gleyre in den Dienst des reichen amerikanischen Industriellen und Philanthropen John Lowell Jr. (1799-1836)[2] und begleitete ihn ab 1834 in den Orient. Für Lowell zeichnete er Sehenswürdigkeiten, Landschaften, Trachten und Volksszenen nach der Natur. Die dreijährige Reise, die Gleyre von Italien über den Sudan und Beirut führte, stellte das Abenteuer seines Lebens dar. Nach 18-monatiger strapaziöser Reise trennte er sich in Khartum von Lowell und traf zwei Jahre später wieder in Frankreich ein.
Ausgehend von auf der Reise entstandenen Studien – er hatte von Lowells Erben 1840 die Erlaubnis erhalten, diese für seinen Gebrauch zu nutzen – und seinen Reiseerinnerungen arbeitete Gleyre an orientalistischen Gemälden, mit denen sich auch der ersehnte Erfolg endlich einstellen sollte. Das auf dem Salon von 1843 mit großem Erfolg gezeigte Werk Le Soir öffnete ihm den Weg zum ‚Grand Genre’, wie die immer noch besonders geachtete Gattung der Historienmalerei in Frankreich genannt wurde. Im gleichen Jahr übernahm er das Atelier von Paul Delaroche und wurde in seinem weiteren Leben der Lehrmeister von so berühmten Malern wie Jean-Léon Gérôme, Claude Monet und Auguste Renoir.
Neapel und Umgebung waren für Lowell und Gleyre die erste Etappe auf ihrem Weg in den Orient. Für den 28. und 29. April 1834 sind in Pompeij gefertigte Zeichnungen und Aquarelle Gleyres nachweisbar.[3] Unsere kleine Arbeit in Öl auf Papier könnte während des Aufenthaltes in Neapel entstanden sein. Sie zeigt den Eingangsbereich der sogenannten Casa di Pansa an der Via delle Terme und die ganze Tiefe des Hauses mit Blick auf den Vesuv im Hintergrund. Das Anwesen von Gnaeus Aleius Nigidius Maius, das zu den größten Pompeijs zählt, wurde ab 1810 freigelegt.[4] Ein amüsantes Detail sind die Spuren roter Graffiti, die der linke Pilaster des Portals aufweist.
[1] Ausstellung Charles Gleyre (1806-1874). Le romantique repenti, Musée d’Orsay, Paris, 10. Mai bis 11. September 2016. [2] Gründer des Lowell Institute, Boston: https://en.wikipedia.org/wiki/John_Lowell,_Jr._(philanthropist) (02.09.2016) [3] Vgl. William Hauptman, Charles Gleyre 1806-1874. I Life and Works. II Catalogue raisonné, Princeton 1996, S. 74. [4] Vgl. Ludwig Lohde (Hg.), Jules Gailhabaud’s Denkmäler der Baukunst, Bd. 1, Leipzig, München 1852, S. 239-241.