Johann Heinrich Schilbach – VERKAUFT

Johann Heinrich Schilbach (Barchfeld 1798 - 1851 Darmstadt)

Der Tempel der Minerva Medica, Rom 1826

Öl auf Papier auf Leinwand, 29,8 x 39,4 cm
Signiert unten rechts H. Schilbach 1826
Rückseitig auf Keilrahmen Vue des temple de la Minerva Medica / (…) Rome

 

 

 

 

Oft gehe ich in die Campagna diese hatte ich mir immer sehr schlecht vorgestellt, und gegen aller Erwartung wurde ich ungemein befriedigt sie hat einen eigenen schönen Charakter, und dann das herrliche, klare Kolloritt der Berge, wovon man sich auch keinen Begriff machen kann.[1] (Schilbach an Jacob Felsing, Rom 17. Dezember 1823)

Der 1798 geborene Johann Heinrich Schilbach gehört demselben Jahrgang an wie Franz Theobald Horny und Carl Blechen und somit der jüngeren Generation deutscher Romantiker. Er begann seine Ausbildung bei dem Theatermaler und Kupferstecher Georg Primavesi in Darmstadt. Die finanzielle Unterstützung Großherzog Ludwigs I. von Hessen half dem jungen Künstler über die Anfangsjahre hinweg und ermöglichte ihm 1823 einen Romaufenthalt, zusammen mit seinem Freund, dem Heidelberger Maler Ernst Fries. In Rom lebte er in einem Haus mit Johann Joachim Faber und Heinrich Reinhold. Schilbach verkehrte mit Ludwig Richter, Carl Wilhelm Götzloff, Carl Philipp Fohr und seinem Förderer, dem dänischen Bildhauer Berthel Thorvaldsen. Von Julius Schnorr von Carolsfeld wissen wir, welch hohe Wertschätzung Schilbach seitens seiner Kollegen entgegengebracht wurde. Während der Sommermonate unternahm er Studienreisen mit befreundeten Malern, 1824 und 1826 nach Olevano, nach Neapel und weiter in den Süden, sowie des Öfteren auch in die nahe Umgebung Roms. Im Mai 1828 verließ er Rom, um ab Oktober die Stellung als Hof- und Theatermaler in Darmstadt anzunehmen. Auch in dieser Zeit unternahm er immer wieder ausgedehnte Studienreisen mit befreundeten Künstlern, darunter August Lucas oder Johann Wilhelm Schirmer.[2]

Die Auffindung des vorgestellten Gemäldes ist eine kleine Sensation, sind doch aus der römischen Zeit des Künstlers bisher lediglich vier Gemälde bekannt: Zwei Ansichten des Forum Romanum von 1825 bzw. 1826 befinden sich im Thorvaldsen Museum in Kopenhagen und eigenhändige Repliken von 1827 in der Hamburger Kunsthalle.[3] Das vorzustellende Gemälde ist somit eine ausgesprochene Rarität und eine wichtige Ergänzung des bekannten Oeuvres. Es entstand zwischen den beiden bisher bekannten Werken Anfang des Jahres 1826.

Dargestellt ist der oft irrtümlich als Tempel der Minerva Medica[4] bezeichnete Rundbau auf dem Esquillin. Eigentlich handelt es sich um ein Anfang des 4. Jahrhunderts aus Ziegeln (opus latericium) errichtetes Nymphäum in den Horti Liciniani. Zu Zeiten Schilbachs befand sich der zehneckige Zentralbau mit seiner eindrucksvollen damals noch weitgehend erhaltenen Kuppel von 25 Metern Durchmesser[5] inmitten von Weinbergen und war ein beliebtes Motiv der Vedutenmaler des 18. und 19. Jahrhunderts. 1828 – im Jahr der Abreise Schilbachs aus Rom – stürzte die Kuppel vollständig ein. Heute befindet sich der Bau mitten im modernen Rom, unweit des Termini Bahnhofs in der Nähe der Porta Maggiore.

Auch wenn Schilbach den Tempel relativ kleinformatig in Öl auf Papier malte und mit einer ausgesprochen naturalistische Lichtregie versah – eigentlich die typischen Attribute einer plein-air Studie – entstand das kleine Gemälde wohl doch eher nach der unterliegenden, sicherlich vor Ort gefertigten Bleistiftstudie, im Atelier. Zu feinteilig durchgeführt erweisen sich Architektur und Vegetation, im Hintergrund begrenzt von der Aurelianischen Mauer und der Silhouette der Albaner Berge. Die Bleistiftstudie ist unter der Farbe noch gut sichtbar. Aquarellierte Vorstudien, in situ gefertigt, wie wir sie von Schilbach aus anderen Zusammenhängen kennen, ließen sich bisher leider nicht orten. Auch die für Schilbach seltenen Staffagefiguren am Eingang des Tempels legen nahe, dass das kleine Gemälde, nach einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Motiv vor Ort, danach im Atelier entstand.

Nicht nur Schilbach, sondern auch den Maler Ernst Fries beschäftigte in den ersten Monaten des Jahres 1826 die Darstellung des Minerva Medica Tempels. Seine beiden erhaltenen Aquarelle, datiert Februar und März 1826, zeigen das Motiv vom exakt gleichen Standpunkt und bei gleichem Sonnenstand[6] – die beiden Freunde werden also mit großer Sicherheit zusammen vor Ort gewesen sein.

Auch Jean-Baptiste-Camille Corot arbeitete im März 1826 an einer Ölstudie des Rundtempels. Er wählt eine frontalere Ansicht mit enger gefasstem Bildausschnitt.[7] Die persönliche Begegnung von Fries und Corot mag also schon zu diesem Anlass erfolgt sein, auch wenn sie erst für Mai 1826 in Civita Castellana dokumentiert ist.[8]


[1] Zitiert in Gisela Bergsträsser, Johann Heinrich Schilbach. Ein Darmstädter Maler der Romantik, Darmstadt 1959, S. 38.

[2] Vgl. Peter Märker und Klaus-D. Pohl, Der Traum vom Süden – Johann Heinrich Schilbach (1798-1851), Zeichnungen, Aquarelle, Ölstudien und Gemälde, Kat. Ausst. Darmstadt, Hessisches Landesmuseum, Heidelberg 2000, S. 13-18, 30-41.

[3] Vgl. Daxer & Marschall, Oil Sketches and Paintings, 1760-1910, München 2013, S. 36-39.

[4] Seinen Namen ‚Tempel der Minerva Medica’ erhielt das Gebäude, weil man irrtümlich glaubte, die Skulptur der Athena Giustiniani wäre hier gefunden worden.

[5] Zur Geschichte des Bauwerks siehe Mariarosaria Barbera, Sabina Di Pasquale, Paola Palazzo, Roma, studi e indagini sul cd. Tempio di Minerva Medica, in www.fastionline.org/docs/FOLDER-it-2007-91.pdf (31.10.2014).

[6] Ernst Fries, Tempel der Minerva Medica, Aquarell über Bleistiftzeichnung auf Papier, 26 x 35,5, bezeichnet Rom. Im Februar 1826., Frankfurt am Main, Graphische Sammlung im Städelschen Kunstinstitut, Inv. Nr. 13012.

Ernst Fries, Tempel der Minerva Medica, Aquarell über Bleistiftzeichnung auf ockerfarbigen Papier, 27,4 x 46,4, bezeichnet Rom. 9. Merz 1826., Heidelberg, Kurpfälzer Museum, Inv. Nr. Z 2971.

[7] Jean-Baptiste-Camille Corot, Tempel der Minerva Medica, Öl auf Leinwand, 21 x 26 cm, datiert mars 1826, Angers, Musée des Beaux-Arts.

[8] Vgl. Frieder Hepp (Hg.)., Ernst Fries: Heidelberg 1801 - 1833 Karlsruhe, Kat. Ausst. Heidelberg, Kurpfälzisches Museum der Stadt Heidelberg, Heidelberg 2001, S. 36. Camille Corot. Natur und Traum, Kat. Ausst. Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Heidelberg 2012, S. 439-440.

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