Carl Maria Nicolaus Hummel (1821 - Weimar - 1907)
Das antike Theater von Taormina
Öl auf Papier, auf Karton aufgezogen, 60 x 94 cm
Provenienz:
Carl Maria Nicolaus Hummel
Deutsche und Österreichische Malerei und Zeichnungen des 19. Jahrhunderts sowie Gemälde und Zeichnungen aus dem Nachlass Carl Hummels, Sotheby's München, 21.06.1994, Los 223
Luigi Buttezzoni, Florenz
Vorstudie:
Vorzeichnung in Bleistift auf Pauspapier, 45 x 62,5 cm
Der Landschaftsmaler und Radierer Carl Hummel[1] gehörte zu den angesehensten Künstlern seiner Geburtsstadt Weimar. Er verkaufte seine Werke bis nach Amerika. Auftraggeber und Mäzene fand er in großbürgerlichen und adeligen Kreisen. Als Sohn des berühmten Hofkapellmeisters und Komponisten Johann Nepomuk Hummel lernte er in seiner Kindheit Goethe kennen, der als enger Freund seines Vaters immer wieder zu Hausmusiken geladen war. Mit zwölf Jahren begann Hummel seine Ausbildung bei Friedrich Preller d. Ä. (1804-1878) und begleitete diesen auf Reisen nach Norwegen, Rügen, Holland und Tirol. In den Jahren 1842-1845 hielt er sich in Italien auf, insbesondere in Rom, auf Capri und Sizilien. Auch in späteren Jahren führte ihn sein Interesse am Studium alpiner und mediterraner Landschaften in den Süden: 1855 an den Comer See und 1869 nach Korsika. Mittlerweile zum Professor an der Weimarer Zeichenschule ernannt, unternahm er in der zweiten Lebenshälfte verstärkt Exkursionen im heimatlichen Thüringen. Während seiner Reisen schuf Carl Hummel Zeichnungen, Aquarelle und Ölskizzen.
Vorgestelltes Gemälde zeigt das Amphitheater von Taormina auf Sizilien, ein Bau der römischen Antike, errichtet auf den Fundamenten eines griechischen Vorgängerbaues. Im Zusammenspiel von Bauwerk, umgebender Landschaft und dem erhöhten Standpunkt des Betrachters öffnet sich ein eindrucksvolles Panorama mit dem schneebedeckten Ätna und dem Golf von Naxos. Rechts im Hintergrund sind die Häuser und Türme des Dorfes Taormina zu erkennen.
Auf seiner Reise durch Italien folgte Hummel den Stationen der Grand Tour, wie vor und nach ihm so viele andere europäische Maler, Dichter und Bildungsinteressierte. Es galt nicht nur die Landschaft, sondern vor allem die kulturellen Hinterlassenschaften der Antike mit ihren Plastiken und Bauwerken zu studieren. Die Insel Sizilien blieb dabei – zumindest bis zur Einigung Italiens 1861 – am Rande der gängigen Reiseroute.
Es ist wahrscheinlich, dass Hummel Goethes Italienische Reise kannte, in der jener seine im Mai 1787 in Taormina gewonnenen Eindrücke wie folgt schilderte:
Wenn man die Höhe der Felsenwände erstiegen hat [...] findet man zwei Gipfel durch ein Halbrund verbunden. Was dies auch von Natur für eine Gestalt gehabt haben mag, die Kunst hat nachgeholfen und daraus den amphitheatralischen Halbzirkel für Zuschauer gebildet [...]. Am Fuße des stufenartigen Halbzirkels erbaute man die Szene quer vor, verband dadurch die beiden Felsen und vollendete das ungeheuerste Natur- und Kunstwerk.
Setzt man sich nun dahin, wo ehmals die obersten Zuschauer saßen, so muß man gestehen, daß wohl nie ein Publikum im Theater solche Gegenstände vor sich gehabt. Rechts zur Seite auf höheren Felsen erheben sich Kastelle, weiter unten liegt die Stadt [...]. Nun sieht man an dem ganzen langen Gebirgsrücken des Ätna hin, links das Meerufer bis nach Catania [...]; dann schließt der ungeheure, dampfende Feuerberg das weite, breite Bild, aber nicht schrecklich, denn die mildernde Atmosphäre zeigt ihn entfernter und sanfter, als er ist.[2]
Zu dem Gemälde hat sich die Vorzeichnung erhalten, die ebenfalls zum Verkauf steht. Sie ist sicherlich vor Ort entstanden und datiert somit in Hummels italienische Jahre zwischen 1842-1845 (Abb. 1).
Es besteht Interesse an einer Leihgabe zu der für Sommer 2016 geplanten großen Hummelausstellung in Weimar.
[1] Vgl. Wandschneider, Andrea (Hrsg.), Carl Hummel 1821-1907. Landschaftsmaler aus Weimar, Kat. Ausst. Städtische Galerie in der Reithalle Paderborn-Schloß Neuhaus, 2. Juli - 30. Oktober 2005, Paderborn 2005. [2] Zitiert nach Goethe, Johann Wolfgang, Italienische Reise, München 1997, Eintrag von Montag, 7. Mai 1787.